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Test - Eagle Flight : Genial: Fliegen wie ein Vogel – dafür wurde VR erfunden!

  • PS4
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Der Traum vom Fliegen ist so alt wie die Menschheit und nimmt seit 1903 immer neue Formen an. Flugzeuge, Helikopter, Drohnen und selbst Raketenrucksäcke nutzen wir seitdem, um es den Vögeln gleichzutun. Wer nicht gerade Düsenjet-Pilot zu seinem Beruf erwählt hat, wird jedoch nie so frei und wendig durch die Lüfte brausen, wie ein Adler es vermag. Dankbarerweise zeigt uns Eagle Flight mithilfe des VR-Headsets Oculus Rift, was Normalsterbliche bislang verpasst haben.

Böse oder faule, ja, vielleicht sogar böse faule Menschen könnten Eagle Flight der Einfachheit halber als Geschicklichkeitstest abtun oder dem Spiel aus dem Hause Ubisoft das Prädikat First-Person-Shooter andichten. Schublade auf, Fall erledigt. Technisch gesehen wäre das Urteil nicht falsch, denn beides trifft zu einem gewissen Grad zu. Wer sich auf dieses ungewöhnliche VR-Erlebnis einlässt, fliegt mithilfe einer VR-Brille in Egoperspektive über eine Stadt, „feuert“ gelegentlich einen Adlerschrei auf umherflatternde Raubvögel ab und benötigt viel Geschick beim Einhalten komplexer Flugrouten.

Eine solche Beschreibung würde aber auf grobe und ungerechte Weise die Verhältnisse vereinfachen, denn die Stadt, über der man in Form eines Adlers durch die Lüfte segelt, ist nicht irgendeine und selbst mit größter Toleranz ließe sich das Herunterbrüllen feindlicher Federtiere kaum als dahergelaufene Shooter-Spielmechanik klassifizieren.

Die Stadt, um die es geht, ist Paris, eine der schönsten Metropolen. Je nach Blickwinkel ein dystopisches oder utopisches Paris, in dem längst keine Menschen mehr leben – in dem die Natur wild wuchert und unterschiedlichste Tiere eine Heimat gefunden haben. Gräser erquicken im sanften Schatten unterschiedlichster Bauwerke aus Renaissance, Art Deco und Moderne das Auge. Bäche und kleine Wasserfälle entsprießen Ausläufern der übergeschwappten Seine, funkeln im Sonnenuntergang, beheimaten Fisch und Frosch. Ansonsten erinnern nur noch die Reste des stählern durchhaltenden Eiffelturms und die verschnörkelten Mauern von Notre Dame an die Überlegenheit des menschlichen Intellekts.

Ein Idyll, das Sehnsüchte weckt, weil Musik und grafische Präsentation Hand in Hand gehen. Ein wenig Kitsch lässt sich nicht leugnen, doch der einfach gehaltene Grafikstil, der entfernt an Flatshading erinnert, sowie der orchestral angehauchte Soundtrack wickeln euch binnen Sekunden um den Finger.

Adlerauge, sei wachsam

Inmitten dieses Domizils, dem man keine Jahreszahl zuzuschreiben wagt, kommt ihr zur Welt: ein kleiner Adler, der soeben durch die Schale seines Eis stieß. Und während man noch den schier gigantisch wirkenden Eltern auf den Schnabel stiert, erklärt ein Off-Sprecher in bestem Heinz-Sielmann-Gedächtnis-Geflüster alles, was es über den Lebensraum zu wissen gibt.

Doch keine Angst, euch erwartet keine verkappte Tierdokumentation. Das Drumherum soll nur eine ansprechende Atmosphäre aufbauen, die davon ablenkt, dass Eagle Flight einer Art Pilotwings für Tierliebhaber gleichkommt. Fortan besteht eure Aufgabe im Erforschen der Ruinen der Stadt, dem Sammeln von Federn für euren Horst und dem Absolvieren diverser Aufgaben, die jeweils mit bis zu drei Sternen belohnt werden.

Die Aufgaben wurden leider nicht so abwechslungsreich gestaltet wie erhofft. Insbesondere bei Spielstart besteht ein Großteil davon aus Flugübungen, bei denen ihr möglichst präzise durch Ringe fliegen sollt, die einen langen Kurs bilden. Schafft ihr es, das Baumblatt in der Mitte eines Rings genau zu treffen, erhaltet ihr einen Geschwindigkeitsschub, der noch mehr Spaß aus der Angelegenheit kitzelt, aber auch den Schwierigkeitsgrad erhöht.

Die ersten Übungsrunden sind durchaus sinnvoll, immerhin müsst ihr euch zuerst an die Steuerung gewöhnen, die beinahe komplett ohne Joypad-Kommandos auskommt. Geflogen wird in die Richtung, in die ihr mit dem VR-Headset schaut. Damit ihr euch nicht ständig um die eigene Achse drehen müsst und womöglich im Kabelwirrwarr erstickt, genügt das Neigen des Kopfes, um eine Kurve zu fliegen.

Perfekte Steuerung, irres Fluggefühl

Unglaublich, wie intuitiv das Ganze schon nach ein Paar Minuten über die Bühne geht. Ihr fliegt nach ein wenig Eingewöhnung unglaubliche Stunts mit scharfen Kurven, harten Sinkflügen und halsbrecherischen Manövern, als wäre es das Natürlichste der Welt. Motion Sickness? Nicht die geringste Spur! Das ist womöglich der geschickten Darstellung zu verdanken. Am unteren Rand entdeckt man lediglich den Adlerschnabel und Ansätze von Gefieder.

Sobald man jedoch eine Kurve fliegt, wird das Sichtfeld durch eine künstliche schwarze Begrenzung verengt, damit euer Blick automatisch gen Flugrichtung schweift. Trickreich und anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, aber effektiv! Das einzige, was ihr noch am Controller anhand der analogen Schultertasten justieren könnt, ist die Fluggeschwindigkeit.

Eagle Flight - Launch Trailer
Ubisoft bringt mit Eagle Flight sein erstes VR-Spiel für Oculus Rift auf den Markt; wir zeigen den Launch-Trailer.

Das Fliegen an sich macht bereits ungemein viel Spaß. Trotzdem lässt sich nicht leugnen, dass Eagle Flight etwas einseitig ist. Die knapp 130 zu verdienende Sterne des Handlungsmodus ergattert ihr innerhalb von vier Nettospielstunden relativ leicht, weil die Aufgabenstellung selten etwas Überraschendes bereithält. Mal fliegt ihr gegen die Uhr durch einen engen U-Bahn-Schacht und versucht, Luftströmungen abzupassen, mal erkundet ihr Gemäuer oder sammelt knapp über der Seine schwebend springende Fische ein.

Da kommt ein wenig Dogfight-Mentalität im Schlagabtausch gegen andere Raubvögel durchaus gelegen, auch wenn das “Schießen“ via Adlerschrei an Lächerlichkeit nicht zu überbieten ist. Klar, so ein Adler trägt kein Maschinengewehr mit sich herum und in spielerischer Hinsicht ist die Aufgabenstellung mehr als willkommen, trotzdem wandert ein Lacher mit der nachgemurmelten Bemerkung „Nee, ist klar“ mehr als einmal über die Lippen.

Sei's drum: Abseits der mangelnden Abwechslung im Aufgabenrepertoire fasziniert Eagle Flight von Anfang an durch grandiose Atmosphäre, schicke Grafik mit diversen Lichtverhältnissen, hervorragende Steuerung und ein Freiheitsgefühl, das seinesgleichen sucht. Schade nur, dass bislang niemand online anzutreffen ist. Dadurch war es leider nicht möglich, den Multiplayer-Modus auszuprobieren, der Anteile von Deathmatch- und klassischen Capture-the-Flag-Regeln vereinen soll. Angesichts der geringen Verkaufszahlen von Oculus Rift gleicht die Suche nach Mitspielern einer Lotterie. Ein Problem, das bald weniger Gewicht haben wird – nämlich dann, wenn Eagle Flight für PlayStation VR und HTC Vive erscheint.

Greift zu, wenn...

...ihr schon immer die Freiheit des Fliegens in idyllischer Kulisse genießen wolltet.

Spart es euch, wenn...

... ihr zwingend heftige Action beim Fliegen bevorzugt – dann seid ihr bei Eve: Valkyrie besser aufgehoben.

Fazit

Denis Brown - Portraitvon Denis Brown
Dafür wurde VR erfunden!

Für mich gehört Eagle Flight zu den schönsten Beispielen für die Vorteile der Virtual-Reality-Darstellung. Das gebotene Erlebnis wäre an einem normalen Bildschirm gespielt nicht halb so spektakulär und fesselnd. Das Gefühl der Freiheit und Wendigkeit und die spektakuläre Aussicht werden durch die Egoperspektive zu einer grandiosen Erfahrung gebündelt und von Soundtrack und Grafikstil unterstrichen. Bisher hatte ich ausschließlich Eve: Valkyrie diese Eigenschaften zugeschrieben, doch Eagle Flight intensiviert den Spaß am Fliegen ungemein geschickt.

Schade, dass es den Spielgestaltern ein wenig an Fantasie bei der Aufgabengestaltung fehlte, wodurch der Einzelspieleranteil etwas einseitig ausfällt und schon nach vier Stunden Nettospielzeit ein Ende findet. Da wäre noch weit mehr möglich gewesen. Aber lieber vier faszinierende Spielstunden als zehn voller streckender Placebos. Sobald Eagle Flight für PlayStation VR und HTC Vive erscheint, dürfte auch das Problem des ausgestorbenen Multiplayer-Modus ad acta gelegt sein.

Überblick

Pro

  • tolle Atmosphäre
  • für VR-Verhältnisse schöne Grafik
  • gut gewählte Kulisse
  • stimmungsvolle Musik
  • einzigartiges Freiheitsgefühl
  • sehr intuitive Steuerung

Contra

  • kurze Spielzeit
  • wenig Abwechslung

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